Der Heilmacher
Impuls zum Wochenspruch 26. August – 1. September 2012
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus. (Jesaja 42, 3)
Was ist unser Bild von Gott? In manchen Religionen herrscht das Bild eines unberechenbaren, willkürlichen Tyrannen. Gott ist der, der zu fürchten ist, mit dem man am besten nicht zu viel Berührung hat, denn er könnte gefährlich werden. So ist der indische Gott Shiva vor allem der Zerstörer, und die Göttin Kali frisst ihre eigenen Kinder auf. In anderen Religionen überwiegt die Vorstellung von der Unnahbarkeit Gottes. Er ist so jenseitig, dass er völlig unbewegt von dem ist, was in der Welt geschieht. Nur am Ende wird er als Richter in Erscheinung treten, und die meisten Menschen in die Feuerhölle verbannen, ohne dass ihn das rührt oder jammert.
Bei uns im Westen jedoch ist Gott weitestgehend verschwommen. Wenn wir überhaupt noch eine Vorstellung von ihm haben, so ist er weich gespült, ein zahnloser Tiger, oder besser, ein alter, harmloser Greis, der die neue Zeit nicht mehr versteht und halb ohnmächtig, halb wohlwollend vor sich hin nickt und zu allem, was wir tun, einfach Ja und Amen sagt.
In der Bibel begegnet uns jedoch ein völlig anderes Gottesbild. Der Prophet Jesaja ist, wie alle, die in der Zeit des Alten Testaments eine Gottesbegegnung hatten, völlig überwältigt von Gott. „Weh mir, ich vergehe!“ So rief er aus, als er in seiner ersten Vision im Tempel einen Blick in den himmlischen Thronsaal tun durfte.
Für ihn ist Gott zweifelsfrei der gewaltige, allmächtige, souveräne Herr, der Schöpfer des Himmels und der Erde, hoch erhaben und für uns völlig unbegreiflich. Erst vor diesem Hintergrund leuchtet das richtig auf, was Jesaja hier über Gott sagt. „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.“
Dass Gott, der Allmächtige, uns ganz nahe kommen will, behutsam wie ein Gärtner, der die abgeknickte Pflanze wieder aufrichtet, und wie ein Hausdiener, der sorgfältig die Öllampe wieder reinigt und den Docht wieder zum Brennen bringt, das ist das Außergewöhnliche, ja Revolutionäre an dieser Botschaft. Kein Wunder, dass Jesaja der „Evangelist des Alten Testaments“ genannt wird. In allem, was er sagt, weist er weit in die Zukunft, hin zu dem, der als Messias und Erlöser das Heil nicht nur für Israel, sondern für die ganze Menschheit bringen wird. Er weist auf Jesus, den Heiland, den Heilbringer und Heilmacher.