Symposium Familie stieß auf großes Interesse
Am Samstag, den 11. Februar, stand die CVJM-Hochschule in Kassel ganz im Zeichen der Familie.
Die Professoren Dr. Tobias Künkler und Tobias Faix, DTh (UNISA) stellten die Ergebnisse ihrer Studie „Zwischen Furcht und Freiheit. Das Dilemma der christlichen Erziehung“ vor. Prominente Gäste wie Prof. Dr. Schweitzer von der Universität Tübingen und Torsten Hebel, Gründer der blu:boks Berlin, sprachen über ihre Erfahrungen und ordneten die Forschungsergebnisse zur christlichen Familie ein.
Mehr als 170 Interessierte, viele mit Kindern, nahmen am Symposium Familie teil.
Annette Friese vom SCM Verlag, bei dem das Buch zur Studie erschienen ist, führte durch den Tag. Stolz berichtet sie: „Wir hoffen, dass alle die das Buch lesen, viel Spaß bei der Lektüre haben. Wir nennen das Buch intern wegen des gelben Covers inzwischen liebevoll ‚Die gelben Seiten zur Erziehung’.“
Künkler und Faix freuen sich, dass das Buch schon jetzt auf ein größeres Interesse stoße, als viele im Vorfeld der Studie prophezeit hatten.
Der Anlass für die Familienstudie sei eine Studie der beiden zum Thema „Warum ich nicht mehr glaube“ mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen gewesen. Künkler und Faix stellten fest, dass einer der Gründe sich vom Glauben abzuwenden in der eigenen christlichen Erziehung lag: „Wir erkannten, dass es nicht viele Studien über Menschen, die explizit christlich erziehen wollen, gibt. Die Idee zur Familienstudie war geboren. Unser Ziel war es, das Innenleben der christlichen Familie zu vermessen!“
An vielen Stellen brachte die Studie Ergebnisse zu Tage, die Faix und Künkler so erwartet hatten. Dazu gehört, dass 87 Prozent der befragten Eltern auf die Frage nach ihren Glaubenszielen in der Erziehung antworteten, dass ihr Kind zum Glauben der Eltern finden soll.
Andererseits gab es aber auch erschreckende Ergebnisse. Obwohl die meisten christlichen Eltern liebevoll-empathisch in der Erziehung ihrer Kinder agieren, sind die Zahlen zu körperlicher Gewalt in der Erziehung doch erschreckend hoch.
Die Zahlen ähneln zwar dem bundesweiten Durchschnitt (etwa 40 Prozent der Eltern geben ihren Kindern gelegentlich bis häufig einen Klaps). Doch hier zeigt sich besonders deutlich ein Zwiespalt christlicher Eltern, denn nur eine leichte Mehrheit hält die körperliche Strafe für mit christlichen Werten unvereinbar. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass einige christliche Eltern körperliche Strafen für richtig halten und ein Teil von ihnen das sogar mit der Bibel begründet.
Aus den Ergebnissen wurde ein Cluster für verschiedene Erziehungstypen ermittelt, wie „die Engagierten“ oder „die Distanzierten“. Der Test welcher Erziehungstyp ihr seid, kann hier gemacht werden.
Prof. Dr. Friedrich Schweitzer war der erste Leser der Studie. Er wies bereits im Jahr 2005 darauf hin, dass es mehr Studien zur christlichen Erziehung geben müsse. Er ordnete die Studie im Rahmen des Symposiums wissenschaftlich ein: „Ich bin mit den Autoren der Studie einer Meinung: Wir brauchen mehr Forschung in diesem Bereich. Darum hoffe ich sehr, dass diese Studie eine Initialstudie für weitere Studien sein wird.“
Torsten Hebel berichtete anschließend an praktischen Beispielen aus seinem Berufsalltag in der blu:boks Berlin. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass er als Betroffener rede, denn er sei in einer freikirchlichen Gemeinde groß geworden: „Die Idee zur Gründung der blu:boks, mit dem Untertitel „Die Selbstwertmanufaktur“, entstand aus meinem persönlichen Leben heraus. Ich hatte als Kind häufig, das Gefühl, dass ich so wie ich bin, nicht in Ordnung bin. In der christlichen Erziehung gibt es diese große Spannung: Auf der einen Seite sind wir Menschen von Gott geschaffen und unglaublich wertvoll. Auf der anderen Seite schwebt über mir immer ein Damoklesschwert, dass ich ein Sünder bin und Jesus für mich sterben musste.“
Die Vermittlung von Selbstachtung sei deswegen das Hauptanliegen der blu:boks und dies sei allein durch die Wertschätzung jedes einzelnen möglich.
Nach dem Mittagessen konnten sich die Teilnehmenden für einen von sechs vertiefenden Workshops zum Thema entscheiden. Die Psychologin Katharina Brudereck hielt einen Workshop zur Sexualpädagogik in der christlichen Erziehung. Um „Sichere Kinder durch gesunde Grenzen“ ging es bei Sonja Brocksieper. Tobias Faix und Tobias Künkler vertieften in ihrem Workshop die Überlegungen zum Dilemma zwischen freiheitlicher Erziehung und den Ängsten der Eltern, dass das Kind nicht gläubig werden könnte.
Abgeschlossen wurde der Tag mit einer Podiumsdiskussion, an der Tobias Faix und Tobias Künkler, Bettina Wendland, Redakteurin der Zeitschrift Family und Damaris Müller, Soziologin und Pädagogin an der CVJM-Hochschule, teilnahmen. Geleitet wurde die Runde von Silke Gabrisch, SCM Verlag.
Bettina Wendland forderte, dass Gemeinden mehr in christliche Familienerziehung investieren müssten: „Es gibt schon viel Kinder- und Jugendarbeit, doch in Erziehungsthemen werden die Familien weitestgehend allein gelassen.“
Faix wünscht sich, dass in den Gemeinden Räume geöffnet werden: „Zum Beispiel, um über Gewalt in der Erziehung zu sprechen. Wir dürfen über die Ergebnisse keine fromme Soße kippen, dass man die Zahlen auch anders deuten könnte. Vielmehr haben wir mit der Studie diese Probleme offengelegt und damit muss in den Gemeinden nun weiter umgegangen werden!“
Als Fazit zur Studie betonte Künkler, dass der Erziehungsstilwandel, der sich in der Studie zeige, positiv zu bewerten sei: „Der Wandel im Erziehungsstil ist in den christlichen Familien angekommen. Wärme spielt in christlichen Familien eine große Rolle.“
Faix ergänzt: „Wir sollten unsere Familien feiern. Ich bin dankbar für meine Familie, auch wenn es manchmal chaotisch zugeht – oder gerade deswegen!“
Den Abschluss des kurzweiligen und informativen Tages bildete die Ankündigung, dass es im Herbst 2017 ein weiteres Buch zum Thema christliche Erziehung mit Ideen, Lösungsansätzen und Praxistipps geben werde.
Das Buch zur Studie kann beim SCM Verlag bestellt werden.