Martin Luther in Sierra Leone
Dieser Tage ist es in Sierra Leone, Westafrika, immer so um die 30 Grad warm. Für deutsche Verhältnisse mit winterlichen Temperaturen um die null Grad, ist das eher heiß.
Hier, wo es Anfang des Jahres so wunderschön tropisch warm ist und Palmen wachsen, zieht es deutsche Besucherinnen und Besucher unweigerlich auch mal an einen der tollen weißen Strände dieses kleinen westafrikanischen Landes. So auch die zwölf CVJMer aus dem Westbund, die ihre Partnervereine in der Hauptstadt Freetown und im Hinterland besucht haben.
Ganz überraschend gibt es an der Einfahrt zum Strand am River No. 2 im Jubiläumsjahr der Reformation, an dem sich auch der deutsche CVJM intensiv beteiligt, eine unvermutete Begegnung mit Martin Luther. Was der wohl gesagt hätte, wären ihm diese Bilder und dieser Bericht vor 500 Jahren vorgelegt worden?
Da prangt nämlich an einem Baum am Wegesrand ein Schild: „Herr des weißen Sandes – Evangelisch Lutherische Kirche – No. 2 River“, verziert mit der Lutherrose. Und gleich daneben steht es, ein kleines bescheidenes Kirchlein und zum Strand hin ein winziger Friedhof mit einigen weiß umrandeten Gräbern, eines davon mit einem Grabstein. Auch hier die Lutherrose. Bezeichnenderweise ist es das Grab eines Norwegers und Norwegen ist ein Land mit vornehmlich Lutheranern.
All das macht mich neugierig, denn dass es eine lutherische Kirche in Sierra Leone gibt, das war mir bisher nicht bekannt. Klar, dass es hier bei der britischen Vergangenheit des Landes Methodisten, Baptisten, Anglikaner und auch Katholiken gibt, das wusste ich; doch Lutheraner?
Also machte ich mich im Internet schlau und wurde fündig. Entsprechend der Kirchenwebseite wurde sie 1989 von einem Sierra Leoni, der in den USA Mitglied in einer lutherischen Gemeinde wurde, nach dessen Rückkehr in sein Heimatland gegründet. Demnach habe er seine Familie, Freunde und Bekannte zusammengerufen und so sei diese Kirche durch „Beziehungs-Evangelisation“ gegründet worden.
Heute habe sie 23 Gemeinden mit ca. 3 000 Mitgliedern aus allen Bevölkerungsschichten. Damit sei sie die erste einheimische lutherische Kirche in Afrika.
Wahrscheinlich hätte Martin Luther ungläubig gestaunt, dass die Kirche, die sich aus der Reformation heraus gegründet hat, fast 500 Jahre danach über die USA ihren Weg bis ins kleine westafrikanische Sierra Leone gefunden hat.
Eckard M. Geisler, Bundessekretär für Weltdienst und internationale Beziehungen, CVJM-Westbund