Der König auf dem Esel
Impuls zum Wochenspruch 02. – 09. Dezember 2012
Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. (Sacharja 9,9)
Ich weiß nicht, ob die Leute damals ungläubig gestaunt oder schallend gelacht haben, als sie das hörten: Ein König, der auf einem Esel reitet? Kinder reiten auf einem Eselchen, und Bauern auf dem Weg zurück zum Feld. Aber ein König? Zumindest ein Kamel müsste es sein, oder ein stolzes Pferd, auf dem er sitzt, oder ein von Pagen getragene Sänfte oder ein von einem Gespann gezogenen Streitwagen.
Die Vorstellung eines Königs auf dem Esel fordert zum Widerspruch heraus, zum Lachen und zum Spotten. Das kann nicht sein! Solch eine Blöße würde sich ein König niemals geben, so sehr würde er sich niemals erniedrigen!
Doch Sacharja bleibt dabei: Israel, dein König kommt zu dir, gerade so. Dass dieser König letztlich Gott ist, oder der, den er gesandt hat, der Messias, ist allen klar. Der König Zions, der König der Stadt Jerusalem, damit kann nur er gemeint sein, der Davidsnachfahre, der von allen erwartete Messias. Dass er so sein soll, arm, bescheiden, ja verwechselbar, das kann man sich kaum vorstellen.
Und doch stimmt es: Gott kommt zu uns so ganz anders als wir es erwartet haben. Er verzichtet auf seine Privilegien und auf die Entfaltung seiner Macht. Und das tut er gerade, weil er der König ist, weil er der Helfer ist, weil er gerecht ist. Sein Königtum zeigt sich, indem er uns dient. Sein Reichtum offenbart sich in seiner Armut. Und seine Kraft gerade darin, dass er auf Machtanwendung verzichtet.
Das Wunder von Advent, das Wunder der Weihnacht ist gerade dieses: Dein König kommt zu dir! Und da wir schwach und zerbrechlich, arm und hilflos sind, wird er so wie wir sind. Dass Gott uns so nahe kommt, im schwachen Messias, im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz, das ist das größte Geheimnis. In der Adventszeit haben wir die Gelegenheit, darüber nachzusinnen, und vom Staunen zur Anbetung zu gelangen.