Die Stunde der Wahrheit
Impuls zum Wochenspruch 11. – 17. November 2012
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
(2. Korinther 5,10)
In jeder römischen Stadt gab es solch einen „Richterstuhl“. Dort wurde das allgemeine Gericht gehalten. Dort konnten freie Bürger ihre Beschwerden und ihre Wünsche vorbringen. Es war der Ort, an dem der Präfekt oder Statthalter Recht sprach.
Doch das griechische Wort „bêma“, das Paulus hier (und auch in Römer 14, 10) verwendet, hat eine zweite Bedeutung. Es ist die Tribüne des Preisrichters bei den Wettkämpfen. Am Ende treten die Sieger genau vor diesen Richterstuhl und empfangen aus seinen Händen den Siegeskranz.
Das ist hier das Bild, das Paulus offenbar vor Augen ist. Wir werden aus Gnade vor Gott und von Gott gerecht gesprochen. Diese Gnade ist durch Jesus Christus für alle da, die ihr Vertrauen auf ihn setzen. Seine Barmherzigkeit reicht für uns aus. Unsere Werke können und brauchen dem nichts mehr hinzuzufügen.
Und dennoch ist auch unser Leben, unser Verhalten, unser Einsatz für Gott, nicht ohne Bedeutung. Schon im ersten Brief an die Korinther wies Paulus darauf hin, dass es auch für die an Jesus Glaubenden ein Gericht gibt, das wie ein Feuer alles verbrennt, was keinen echten Bestand hat. Dabei geht es nicht um die Frage von Himmel oder Hölle, von letzter Annahme oder Verwerfung. Diese Frage ist durch Jesus längst beantwortet. Als er seine Arme am Kreuz ausbreitete, drückte er das große Willkommen Gottes für alle Menschen aus. Als er dort sein Leben gab, gab er es für alle, die es von ihm im Vertrauen empfangen.
So geht es bei diesen Bildern, die Paulus den Korinthern vor Augen stellt, um etwas anderes: Um die bleibende Frucht unseres Lebens. Das Feuer wird das läutern, was bleibenden Bestand hat. Und genauso wird beim Richterstuhl das benannt und belohnt werden, was aus unserem Leben an Segen für andere, als Ertrag für Gottes Reich, entstanden ist.
So ist unser Erscheinen vor dem Richterstuhl Christi die Stunde der Wahrheit. Weil der Richter, Jesus, aber zugleich unser Mannschaftskapitän ist, ja unser Vorläufer und Mitkämpfer, ist dies kein Gang mit Furcht und Zittern. Vielmehr werden wir vor ihn treten mit einer ganz eigentümlichen Mischung aus Ehrfurcht und Freude, von Hoffnung und Erwartung. Am Ende wird so wird die Stunde der Wahrheit zur Stunde der Sieger.
Der Blick auf den Preisrichterstuhl Christi kann und soll uns anspornen, unseren Lauf mit Entschiedenheit und Zuversicht zu laufen, weil er selbst ganz auf unserer Seite ist.