„Verhungern die denn langsamer, wenn sie Christen sind?“
Konferenz „Teilen ist Leben“ auf dem Schönblick
Ob Christen wirklich langsamer verhungern – das ist sehr zugespitzt gefragt. Aber es ist die richtige Frage, die der junge Mann in der Arbeitsgruppe auf der Konferenz da stellt. Es geht darum, wie wir Menschen in anderen Ländern in Mission und internationalen Partnerschaften helfen. Bringen wir den Menschen vor allem das Evangelium? Oder müssten wir ihnen nicht zuerst helfen, die Sozial- und Wirtschaftsstrukturen zu verändern, die ihnen keine Chance geben, aus ihren elenden Lebensumständen herauszukommen? Wie hängen denn die Aufgaben der christlichen Mission und die Schaffung gerechter Lebensumstände zusammen in unserer Partnerschaftsarbeit? Darum geht es in jenem Workshop und bei der Konferenz „Teilen ist Leben“ auf dem Schönblick bei Schwäbisch Gmünd. Über 250 Leute sind vom
26. – 28.10. 2012 dazu in das christliche Gästezentrum gekommen.
Die Missionarin Ruth Padilla DeBorst aus Costa Rica beschreibt das Problem vieler internationaler christlicher Partnerschaften in ihrer Bibelarbeit so: Wir haben den Leuten Fisch gebracht, weil sie Hunger hatten. Dann haben wir Ihnen in Kirchen, Partnerschaften und Ausbildungsprojekten beigebracht zu fischen. Wir haben sie ausgebildet, ihnen geholfen, Kooperativen zu gründen und Fisch zu verkaufen, damit sie ihre Kinder zur Schule schicken können. Und nun steht weiter oben am Fluss ein Damm. Und der Fluss ist ein Rinnsal ohne Fische …
In den weltweiten CVJM-Partnerschaften erleben wir alle drei Situationen: Wir haben „Fische verteilt“ und Hirse in die Flüchtlingslager des Sudans geflogen. Weil wir wissen wie wichtig Ausbildung ist, helfen wir dabei in Äthiopien, Nigeria und etlichen anderen Ländern. Und immer wieder entdecken wir dann „den Damm flussaufwärts“: Die Wirtschaft ist korrupt, Schulsysteme zerfallen, dem Staat gelingt es nicht, die Gewalt zu stoppen, bestens ausgebildete junge Leute müssen fliehen vor Korruption und Gewalt.
Dr. med. Gisela Schneider vom Deutschen Institut für ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen hält dazu eines der Hauptreferate: Sie macht deutlich, dass wir als Christen selbstverständlich helfen, wo Not herrscht. Aber Evangelium ist immer auch eine Kraft, die verändert. „Transforming development“, eine verändernde Entwicklungszusammenarbeit geschieht dort, wo konkrete Hilfe und gelebtes Evangelium zusammenkommen. Da ändern sich Strukturen, da erhalten Menschen Kraft, um sich der Kraft der Märkte und des Geldes in Politik und Wirtschaft entgegen zu stellen. Diese Einsicht prägt die Konferenz: Gelebtes Evangelium verändert Strukturen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Evangelium, das die Welt verändert, das erleben wir in den weltweiten Partnerschaften. Als Christen helfen wir den Armen in den Partnerländern. Das geschieht in den Projekten durch Nothilfe und Ausbildung, aber auch in Kinderklinken und Waisenhäusern. Aber veränderndes Evangelium leben wir auch durch fair gehandelte Waren und vermitteln es z. B. durch „faire Stadtrundgänge“ – und diese Veränderungen zu einer gerechteren Welt sind in Zeiten der Globalisierung bei uns hier mindestens ebenso dringend nötig, wie in Addis, Kaduna, Betlehem oder wo auch immer.
Bericht von Matthias Hiller (Landesreferent für den CVJM-weltdienst im ejw)