Demokratie bewahren – „Berliner Gespräche“
Am Tag vor Beginn des Seminars „Berliner Gespräche“ des CVJM Deutschland hielt der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck seine Abschiedsrede im Schloss Bellevue und rief dazu auf, die Demokratie zu verteidigen.
Dass Deutschland sich großen Herausforderungen gegenübersieht in Zeiten, wo viele Bürger eine Verunsicherung spüren oder gar eine Bedrohung unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats wahrnehmen, wurde der Seminargruppe auch in den Gesprächen mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags deutlich.
19 Teilnehmende, überwiegend Studierende des CVJM-Kollegs und der CVJM-Hochschule, stellten ihre Fragen zur Zukunft des Generationenvertrags, zur Bekämpfung von Terrorismus und zur Flüchtlingspolitik.
Kerstin Griese aus der SPD-Fraktion erläuterte die Herausforderungen in der Rentenpolitik, die sich aus der demographischen Entwicklung in Deutschland ergeben. Aktuell kommen drei beitragszahlende Berufstätige auf eine Rente-beziehende Person, 2030 wird das Verhältnis auf 2:1 sinken.
Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, dass das durchschnittliche Rentenniveau nicht unter eine bestimmte Mindestmarke sinkt und dass gleichzeitig der Satz für die Beitragszahlenden nicht in die Höhe schießt. Trotz der Herausforderungen hält Frau Griese das Solidarsystem des Generationenvertrags auch in der Zukunft für tragfähig, wenn es weiterhin stabil auf den drei Säulen gesetzliche Rentenversicherung, Betriebsrente und private Vorsorge beruht.
Martin Patzelt, Mitglied für die CDU-/CSU-Fraktion im Ausschuss für Menschenrechte, sieht ein großes Problem darin, dass in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion die zwei Themen Flüchtlinge und Zuwanderung in gefährlicher Weise vermengt werden. Bei dem ersten Thema gehe es um die Gewährung von Asyl für Menschen, die bei uns Schutz suchen, bei dem zweiten um die Frage nach gesteuerter Zuwanderung – auch zu dem Zweck, dass ausländische Arbeitskräfte zum Erhalt unseres Wohlstands beitragen.
Herr Patzelt setzt sich besonders für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein. Dabei hält er es für wichtig, dass diese jungen Menschen eine Ausbildung in Deutschland machen können, mit der sie, wenn sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren können, eine berufliche Zukunft haben und einen Beitrag zur Entwicklung ihres Landes leisten können. Das sei nachhaltige Entwicklungshilfe.
Ulla Jelpke (DIE LINKE), Obfrau ihrer Fraktion im Innenausschuss, hob hervor, dass die Flüchtlingsproblematik und die Bedrohung durch Islamismus und Terrorismus zwei verschiedene Themen seien, die nicht vermischt werden dürften. Menschen, die aufgrund von Bürgerkrieg und Verfolgung nach Deutschland kommen, müssten ein Recht auf Schutz haben, wie es im Grundgesetz verankert ist. Flüchtlinge dürften nicht unter Generalverdacht geraten, dass sie potentielle extremistische Gewalttäter seien.
Dass der Islamische Staat in den letzten Jahren stark werden konnte, sei auch Ergebnis einer falschen Außenpolitik der westlichen Länder, einschließlich Deutschlands, die zur Destabilisierung von Ländern in der arabischen Welt beigetragen hätte und welche die heute gewaltbejahenden extremistischen Kräfte wie den Islamischen Staat erst aufgebaut und gestärkt hätte.
Die Seminargruppe war beeindruckt vom persönlichen Engagement der Politikerinnen und Politiker, Lösungen für brennende Probleme zu finden. So war das Seminar im besten Sinne eine Werbung für demokratisches Mitgestalten in unserer modernen Gesellschaft.
Andreas Getfert, Stellv. Schulleiter des CVJM-Kollegs
Das Seminar wird gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.