Bonds of Peace – Das erste internationale Waging-Zeltlager
„Kabul!” Aufgeregt sitzen die Jugendlichen rechts von mir und tippen mich an: „Das da ist meine Stadt in meiner Heimat!“. Zu jedem Bild, das die Powerpoint daraufhin zeigt, weiß jemand etwas zu erzählen. Freunde aus Ägypten. Freunde aus Syrien. Freunde aus Afghanistan. Sie alle erzählen etwas aus der Heimat und alle hören aufmerksam zu. Sie klatschen begeistert Beifall über das Theater und den absichtlichen Tausch von Frauen und Männerrollen. Vielleicht auch ein bisschen wegen der Möglichkeit, das zu tun, was in ihren Heimatländern problematisch wäre.
Es gibt fantastisches Essen und Tanz. Lebendig, leidenschaftlich, echt. Was für ein heiliger Abend, ein heiliger Ort, an dem die Unterschiedlichkeit mit jeder Faser zelebriert wird! Gemeinsam mit Menschen, die sich vermutlich nie begegnen würden.
Der Einladung des CVJM Bayern zum Y-Camp Mitte August sind 160 Personen aus insgesamt 18 Nationen gefolgt. Genächtigt wurde in Zelten mit zufällig zusammengemischten Leuten, bei denen man erst herausfinden musste, in welcher Sprache man mit ihnen kommunizieren sollte.
Die täglichen Ansagen waren oft dreisprachig. Dies kostete manchmal Geduld, aber so ist das mit dem Frieden: er ist ein geduldvoller Prozess. Da Frieden als großes Ziel nie einseitig erwirkt werden kann, braucht man sein Gegenüber als Tandempartner und Reflexionsfläche. Wenn dieser Tandempartner aus einem anderen Land kommt, eine andere Sprache spricht und eine andere Religion hat, kann das unter Umständen schwierig werden. Die Reflexionsfläche wird trübe – durch Vorurteile, Berührungsängste und falschen Interpretationen. Hierbei hat sich Kommunikation als hilfreiches Mittel erwiesen. Nicht nur Herr Watzlawick wusste, dass zwischenmenschliche Probleme häufig durch gute Kommunikation aus der Welt geschafft werden können, sondern auch allen Teilnehmern beim Y-Camp war das klar.
So erzählt Mario aus Ägypten: „Ich hab in diesem Camp Frieden erlebt, als wir einander verstanden haben. Am Anfang waren da so viele verschiedene Sprachen und so viele Leute haben sich nicht verstanden. Aber sobald man einen Weg gefunden hat einander zu verstehen oder mit anderen zu kommunizieren, kann man Frieden mit ihnen haben. Du kannst sie lieben und sie lieben dich zurück. Und das ist es ja worum es bei Frieden geht.“
Alan aus Hongkong heißt eigentlich ganz anders, aber für Europäer ist es so wahnsinnig schwer seinen Namen richtig auszusprechen. Er ist Lehrer im YMCA Collage in Hongkong und ist mit einer Gruppe Studenten auf das Camp gekommen. Sein Fazit: „Auf diesem Camp wird versucht eine gemeinsame Grundlage zu finden und diesen Frieden miteinander zu teilen. Wenn ein Mensch, egal welcher Herkunft oder welchen Beruf er ausübt, dann in sein Heimatland zurückkehrt, wird er vielleicht von den verschiedenen Ideen, Frieden zu leben, inspiriert worden sein und sie weitertragen.“
Der Schlüssel für eine gelungene Kommunikation ist eine offene Haltung, der Wille, den anderen ganzheitlich verstehen zu wollen und ein Vertrauensvorschuss, dass der andere ebenso einen friedvollen Umgang als Ziel hat.
Die Herstellung des Friedens ist ein ambitioniertes Ziel, das viel Kraft, teilweise Überwindung und vielleicht auch Tränen kosten kann. Und noch dazu ist es kein Ziel, welches man in voller Gänze erreichen kann, sondern vielmehr eine Richtung hin zu einer herrlichen Utopie.
Warum sollte man sich also die Mühe machen, wenn man es doch so viel einfacher haben könnte?
Jesus selbst ist uns, wie häufiger, diesbezüglich das beste Vorbild. In seiner wohl berühmtesten Rede, der Bergpredigt, erklärt er eine Reihe von Akteuren als „makarios“, also als „selig“ oder „glücklich“. Unter anderem hebt er als siebte sogenannte Seligpreisung folgendes hervor: „Selig sind die, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Mt.5,9 Luther 1984)
Da Jesu Reich ein Friedensreich ist (Jesaja 9,5-6), sind Friedensstifter in besonderer Weise am Bau dieses Reiches auf der Erde beteiligt. Das Y-Camp hat in besagter Augustwoche eine Saat des Friedens ausgesät – über Landesgrenzen und Grenzen in unseren Köpfen hinweg. Der göttliche Friede ist es wert, dass wir uns dafür einsetzen und stark machen.
mimieuxlafayette.wordpress.com
Dieser Artikel stammt aus dem Ende September erscheinenden CVJM Bayern-Magazin „VERBINDEN“.