Klassenzimmer in einer Küchenbaracke – Die Schulen des YMCA Sierra Leone
Eckard M. Geisler, Bundessekretär für Weltdienst und internationale Beziehungen vom CVJM-Westbund besucht zur Zeit den YMCA Sierra Leone. Hier berichtet er von den Entwicklungen im Schulbereich, die der YMCA vor Ort erreicht hat:
Zwei Jahre war ich nicht mehr zu Besuch beim YMCA in Sierra Leone, Westafrika. Da ist es schon erstaunlich, dass sich trotz der Ebola-Epidemie mit all ihren Einschränkungen, in diesen Monaten im YMCA eine Menge getan hat. Die traditionellen Gruppen und Programme hat man zwar stoppen müssen, sich dafür aber mutig im Kampf gegen die Seuche eingesetzt. Für dieses selbstlose und auch nicht ganz ungefährliche Engagement wurde der Nationalverband dann auch vom Staatspräsidenten ausdrücklich hervorgehoben und gelobt.
Es gibt keine Bewegungseinschränkungen mehr im Land, es sind keine Teile von Sierra Leone mehr unter Quarantäne gestellt. So kann ich zusammen mit Christian Kamara, dem Generalsekretär des YMCA, die Regionen im Hinterland besuchen.
Die Südregion hat ihr Zentrum in Bo, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dort sind eine Schule und ein Berufsausbildungszentrum des YMCA untergebracht und natürlich auch das Büro des Regionalsekretärs Solomon Ernest. Der Komplex ist einige Zeit nach dem Rebellenkrieg entstanden und seine Kapazität ist erschöpft. Vor ein paar Jahren kam ich zu Besuch und staunte nicht schlecht, denn die Verantwortlichen der Region hatten das Fundament für einen Erweiterungsbau gelegt, um mehr Klassenräume zu bekommen. Dieses örtliche Engagement war ein gutes Zeichen. Der Bedarf war da und mit ihren eigenen bescheidenen Mitteln hatten sie einfach schon mal mit dem Bauen begonnen. Das war genau die Motivation, die Region dabei zu unterstützen. Viele Ortsvereine haben sich daran beteiligt, aber auch einzelne CVJMer. Statt Geschenke zu runden Geburtstagen wurden Geldgaben für das Regionalzentrum in Bo gewünscht. Eine Goldhochzeit war Anlass, den Bau zu unterstützen und selbst zur Beerdigung eines langjährigen Vorsitzenden wurde statt Blumen und Kränzen Hilfe für die Schule erbeten. Und es ist erst ein paar Wochen her, Sierra Leone war am 7. November Ebola-frei erklärt worden, da konnte man endlich die Einweihung des schön gestrichenen Erdgeschosses feiern!
Verschiedene Klassen der YMCA-Schule haben ihre neuen Räume schon in Beschlag genommen, und sie scheinen sich darin wohl zu fühlen. Wenn man sich den Neubau genau ansieht, dann merkt man sofort, dass hier noch einiges geschehen soll. Durch ein weiteres Stockwerk soll nämlich die Kapazität der Schule erhöht werden. Das wird dann noch mehr Kindern aus dem Umfeld die Möglichkeit geben, eine qualitativ gute Schulausbildung zu bekommen.
Unsere nächste Station ist Kenema, die drittgrößte Stadt des Landes. Der Beginn der Ausbildung hier war gleich nach dem Rebellenkrieg. Ursprünglich erlernten junge Erwachsene mit geringer Schulbildung in einem angemieteten Gebäude Grundfertigkeiten eines Handwerks. Später konnte ein Grundstück erworben werden. Mit Hilfe dieser Azubis wurde dann das eigene YMCA-Berufsausbildungszentrum errichtet. Hier lernen nun angehende Maurer, Schreiner und Schneiderinnen.
Zu Beginn war um diesen Neubau herum noch nicht viel los. Doch nach und nach wuchsen eingeschossige Häuser in die Höhe und die Menschen zogen ein. Jetzt gibt es in der Nachbarschaft viele Kinder aber keine Schule. Und einige der Schneiderinnen-Azubi haben schon eigene, die sie täglich mitbringen. So wurde erst ganz klein und bescheiden in einem Werkstattraum begonnen, Kinder zu unterrichten. Die Klassen wuchsen, und es brauchte eigene Räume für diese Grundschule. Drei Klassenräume wurden jetzt auch hier parallel zu dem ersten Bauabschnitt in Bo fertiggestellt und am gleichen Wochenende eingeweiht.
Auch hier muss künftig noch erweitert werden, denn selbst die kleine Küchenbaracke des Zentrums ist zu einem Klassenzimmer umfunktioniert worden – hier ein Blick durch eine Mauerlücke in die „Bildungsküche“.
Es ist sehr eindrücklich, wie die Verantwortlichen des YMCA in Kenema einen dringenden Bedarf in ihrem direkten Umfeld wahrgenommen und nach einer Lösung gesucht haben – und dabei waren sie ausgesprochen erfolgreich.
Damit ist der YMCA Sierra Leone jetzt Träger von drei Schulen im Lande. Die Älteste steht in Kissy, einem Vorort von Freetown.
Eckard M. Geisler, Bundessekretär für Weltdienst und internationale Beziehungen, CVJM-Westbund