Europäische CVJM-Sekretärskonferenz tagt in Helsinki
Ende September trafen sich 110 Hauptamtliche aus 12 Nationen zur 14. Europäischen CVJM-Sekretärskonferenz in einem orthodoxen Tagungszentrum am Rand von Helsinki, Finnland. Die Zusammenkunft wird von einem internationalen Sekretärsteam organisiert. Mit dabei sind auch 16 Deutsche, darunter Professor Jürgen Eilert mit drei Studenten der CVJM-Hochschule Kassel. Und weil dies eine Tagung mit europäischer Dimension ist, darf auch das Hauptamtlichenteam von YMCA Europe, dem Zusammenschluss der europäischen CVJM-Verbände, nicht fehlen.
Flüchtlinge – auch ein Thema der Konferenz der europäischen CVJM-Sekretäre
In zwei Vorträgen nahm Juan Simoes Iglesias, der spanische Generalsekretär von YMCA Europe, die Teilnehmenden in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der CVJM-Bewegung auf dem Kontinent mit hinein.
Ganz kurzfristig war Juan Simoes Iglesias von den Organisatoren gebeten worden, das Thema seines Einführungsreferates aufgrund der aktuellen Entwicklungen auf dem Kontinent zu ändern. So stand die Flüchtlingssituation gleich am Beginn der Tagung.
Vernetzt mit Verantwortlichen auf allen Ebenen der weltweiten CVJM-Bewegung führt er aus, wie sehr diese aktuelle Situation den CVJM derzeit beschäftige und herausfordere. Angefangen von den Großstadt-CVJM in Wien und München, deren Bahnhöfe Ankunftsorte von Flüchtlingsströmen seien, bis hin zu Landes- und Nationalverbänden. Für den CVJM sei die Integration dieser Menschen das künftige Thema. Anfang nächsten Jahres biete der Europäische CVJM in Zusammenarbeit mit YMCA Niederlande hierzu eine Fachtagung für ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende an, denen dieses Thema unter den Nägeln brenne.
Einmütig signalisierten ihm die Hauptamtlichen, dass der Umgang mit der Flüchtlingssituation auch sie in ihrer Arbeit und ihren CVJM betrifft.
Schließlich beendete er seine Ausführungen mit dem nachdenklich stimmenden Zitat Jesu aus dem Matthäus-Evangelium: „Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ (Matthäus 25, 35)
Zwischen orthodoxer Andacht und innerstädtischer „Zettelmission“ – Ein besonderer Tag auf der Europäischen Sekretärskonferenz
Wie eigentlich bei allen internationalen CVJM-Konferenzen gibt es mindestens für einen halben Tag einen Ausflug in die Umgebung des Konferenzortes. Da musste man hier im Großraum Helsinki nicht lange nachdenken. Die Innenstadt und die Festungsinselgruppe Suomenlinna (Finnenfestung), vorgelagert vor der finnischen Hauptstadt, wurden als Ziele des Ausfluges ausgewählt.
Doch zunächst einmal begann der Tag anders als gewohnt: Wir waren in die Kapelle der Tagungsstätte zum orthodoxen Morgengebet eingeladen. Jetzt wirkte sie gleich ganz anders. Ja, in eine Kapelle gehören Menschen, denn sie ist eine Begegnungsstätte, eine Stätte der Begegnung mit Gott. Vier in schwarze Roben gekleidete, orthodoxe Christen sangen und lasen die Liturgie. Extra für uns wurde sie größtenteils auf Englisch abgehalten. Ein visueller und aromatischer Höhepunkt war für mich, als einer der Liturgen das kleine hängende Weihrauchgefäß befüllte, es dann schwenkte und so den in der Umgebung hängenden Ikonen feine Rauchfahnen zufächerte und schließlich auch uns, den an den Seiten Stehenden. Für mich als reformiert geprägten Christen, ist das eine so ganz andere und auf den ersten Blick befremdliche Art zeichenhafter Mystik und Anbetung.
Für den Ausflug hatten die Organisatoren unserer Konferenz ein kleines Boot gechartert. In einer Stunde ging es vom Anleger an unserem Konferenzzentrum „Sofia“ durch die vorgelagerte Inselwelt nach Suomenlinna. Da waren tatsächlich mal alle 110 CVJM-Sekretäre aus 12 Nationen „in einem Boot“!
Anschließend stand eine Stadtbesichtigung in Helsinki auf dem Programm. Ich war ganz gefangen von den tollen Hausfassaden, von denen viele um 1910 – der Blütezeit von Helsinki – im Jugendstil errichtet wurden.
Am Ende des Tages besuchte ich dann die lutherische Kathedrale. An ihrem Fuß liegt ein ehrfurchtgebietend großer Platz. Auf einer der dort stehenden Bänke ließ ich mich mit Blick auf die Kathedrale mitten im Herzen von Helsinki nieder. Die Sonne sank und der fast volle Mond stand über den Altstadthäusern der Metropole. Nur vereinzelt sind noch Menschen unterwegs.
Einer von ihnen passiert dicht vor mir, einen Stapel gefalteter Zettel in der Hand, will mir einen zustecken, ich lehne ab. Leise sagt er etwas auf englisch und da höre ich das Wort „Jesus“. Ich gebe ihm ein Zeichen, möchte doch eines seiner Blätter. Er reicht es mir und spricht mich an. „Kennst du Jesus“, so seine Anknüpfung. Er setzt sich zu mir. So um die dreißig ist er und ganz offensichtlich kein Finne. Er sei aus Indien, erzählt er, arbeite bei Nokia und da wird deutlich: er ist Christ. Und schon bin ich im Gespräch mit Deli Davidson. Er stammt aus Südindien, der Apostel Thomas sei der Begründer der christlichen Kirche dort. Und ich erzähle ihm von meinen erst kurz vor Ostern gesammelten Erfahrungen im mittleren Osten seines riesigen Landes, wo in der Millionenstadt Ranchi und Umgebung an die 40 % Christen leben, was ihn wiederum erstaunt, denn im Landesdurchschnitt seien es nur 2 – 3 %. Und wir tauschen uns aus über die bedrängende Situation, dass der ehemals so christliche Kontinent Europa immer mehr seinen Glauben verliert.
Einstmals gingen mutige Missionare von hier in alle Welt und predigten das Evangelium. Und jetzt ist es Deli, der wie Paulus einem weltlichen Beruf nachgeht (Paulus war Zeltmacher), so sein Geld verdient und am Feierabend auf schlichte Weise in der Innenstadt freundlich Jesus ins Gespräch bringt. Ganz unerwartet war sie, kurz, überraschend, ermutigend und tief, diese Begegnung am Ende dieses Ausflugs im Rahmen der Europäischen Sekretärskonferenz, hinein ins Zentrum von Helsinki und hinein ins Zentrum des Glaubens.
Eckard M. Geisler
Bundessekretär für Weltdienst und internationale Beziehungen
CVJM-Westbund