Können wir eigentlich noch staunen?

Kinder im YMCA Bogota

In Deutschland ist mir das wirklich schwer gefallen, das Staunen, aber seitdem ich schon gut fünf Monate in Kolumbien bin, fange ich wieder an zu staunen. Stauen über das Wenige, mit dem die allermeisten Familien, Kinder und Jugendliche hier zurechtkommen müssen. Staunen über die tiefe Wertschätzung und Dankbarkeit dessen, was man trotz alledem hat. Staunen über die gesunde und notwendige Kreativität und Begeisterungsfähigkeit der Kinder ohne Fernseher, Computer, Play Station & Co.

Für mich ist es immer wieder verwunderlich, dass viele Menschen, die eigentlich keinen Grund hätten, sich über Missstände zu beschweren, oft am meisten nörgeln und häufig auf die noch so kleinen Unstimmigkeiten schauen, ohne dabei das wunderbare Gesamtwerk zu betrachten. Umso mehr bewundere ich die Kinder und Jugendlichen in meinem Programm, die ich noch nie abfällig über die Kleidung eines anderen, über das einfache Essen oder über fehlende materielle Möglichkeiten habe reden hören. Vielmehr spüre ich häufig eine selbstverständliche Dankbarkeit für das Programm, das sie in meinem Projekt geboten bekommen.

Jonas arbeitet im Rahmen des Freiwilligenprogramms im YMCA Bogota

Wie viel zufriedener und glücklicher könnten wir sein, wenn wir all die Schätze in unserem Leben erkennen würden? Wie viel mehr könnten wir uns freuen und dankbar für den Anderen sein, wenn wir auf seine Stärken, Begabungen und Fähigkeiten sehen würden? Wie viel mehr könnten wir die unglaubliche Gnade und Liebe Gottes erleben, wenn wir aufhören würden, nur Probleme, Schwächen, Ungereimtheiten und Unstimmigkeiten zu sehen. Wie viel mehr würden wir erkennen, wie reich wir beschenkt sind und wie sehr wir andere damit beschenken können, wenn wir uns darauf einlassen, dankbar und mit dem Selbstbewusstsein eines Geliebten durch unser Leben zu gehen?
Lasst uns wieder staunen und begreifen, welch wundervolles Werk Gott an uns getan hat!

(Jonas Schleske, Bogotá, März 2012)

Jonas arbeitet nach seinem Abi für 10 Monate im YMCA Bogota. Dieser Beitrag erschien im CVJM-Unterwegsheft des CVJM München, Ausgabe Mai, Juni, Juli.

Der Freiwilligendienst wird durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert.

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