{"id":19743,"date":"2014-11-13T06:30:34","date_gmt":"2014-11-13T05:30:34","guid":{"rendered":"http:\/\/www.cvjm-blog.de\/?p=19743"},"modified":"2014-11-13T11:44:17","modified_gmt":"2014-11-13T10:44:17","slug":"weltbundgebetswoche-donnerstag","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blogarchiv.cvjm.de\/2014\/11\/13\/weltbundgebetswoche-donnerstag\/","title":{"rendered":"Weltbundgebetswoche: Donnerstag"},"content":{"rendered":"

„Die Tochter des Pharao kam herab, um im Nil zu baden. Ihre Dienerinnen gingen unterdessen am Nilufer auf und ab. Auf einmal sah sie im Schilf das K\u00e4stchen und lie\u00df es durch ihre Magd holen. Als sie es \u00f6ffnete und hineinsah, lag ein weinendes Kind darin. Sie bekam Mitleid mit ihm und sie sagte: Das ist ein Hebr\u00e4erkind.<\/p>\n

Da sagte seine Schwester zur Tochter des Pharao: Soll ich zu den Hebr\u00e4erinnen gehen und dir eine Amme rufen, damit sie dir das Kind stillt? Die Tochter des Pharao antwortete ihr: Ja, geh! Das M\u00e4dchen ging und rief die Mutter des Knaben herbei.<\/p>\n

Die Tochter des Pharao sagte zu ihr: Nimm das Kind mit und still es mir! Ich werde dich daf\u00fcr entlohnen. Die Frau nahm das Kind zu sich und stillte es.<\/p>\n

Als der Knabe gr\u00f6\u00dfer geworden war, brachte sie ihn der Tochter des Pharao. Diese nahm ihn als Sohn an, nannte ihn Mose und sagte: Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen.“<\/p>\n

(2. Mose 2, 5-10)<\/p>\n

\"Weltbundgebetswoche<\/a>

Weltbundgebetswoche 2014<\/p><\/div>\n

Die Dienerinnen der Tochter des Pharaos: Unterst\u00fctzung und gelebte Solidarit\u00e4t<\/strong><\/p>\n

Und wieder: die Dienerinnen im Gefolge der Tochter des Pharaos haben keine Namen. F\u00fcr Dienerinnen oder Sklavinnen oder h\u00e4usliche Bedienstete scheint das normal zu sein. Das erm\u00f6glicht es der Gesellschaft, ihre pers\u00f6nliche Identit\u00e4t zu ignorieren. Trotzdem sind sie wie ein „Team“ f\u00fcr die Tochter des Pharaos. W\u00e4hrend sie mit ihr am Flussufer entlang laufen, sind sie an ihrer Seite wenn sie den sicheren Ort des Wohlstands und der Macht verl\u00e4sst. Sie werden „nacarot“ genannt. Das Wort bezeichnet junge Frauen, es kann aber auch Dienerinnen oder Sklavinnen bedeuten. Wie auch immer, sie sind jung, genauso wie die anderen T\u00f6chter in dieser Geschichte.<\/p>\n

Eine der Dienerinnen spielt eine hervorgehobene Rolle. Sie hat einen besonderen Titel und wird „amah“ genannt. Es ist die Bezeichnung f\u00fcr eine Ehefrau ohne alle Rechte. Sie k\u00f6nnte die erste, zweite oder dritte Ehefrau sein; auf jeden Fall ist sie abh\u00e4ngig \u2013 aber von wem? Vom Pharao? Das w\u00fcrde sie in die n\u00e4chste N\u00e4he des Pharaos stellen und den Kontrast zwischen dem Pharao und der Rettungstat seiner Tochter versch\u00e4rfen. Sicher ist sie keine Frau, der es gestattet ist, der Tochter des Pharao Befehle zu erteilen. Im Gegenteil, sie erh\u00e4lt Anweisungen von ihr.<\/p>\n

Diese sozial benachteiligte Frau sticht heraus aus der Gruppe der Dienerinnen durch den besonderen Titel („amah“) und durch ihre Tat. Sie f\u00fchrt die entscheidende Tat aus: Sie soll f\u00fcr die Tochter des Pharaos die kleine Arche aus dem Wasser holen und das K\u00f6rbchen zum Ufer ziehen. Indem sie das Kind rettet verl\u00e4sst sie die Anonymit\u00e4t der Gruppe und tritt in den Mittelpunkt der Szenerie. Dass sie auf Befehl der Tochter des Pharaos handelt, gibt ihr eine besondere Rolle. Sie steht repr\u00e4sentativ f\u00fcr alle Frauen, die keine leitende Funktion haben, aber bereit sind zu handeln, wenn es erforderlich ist. Weil ihr Status von Abh\u00e4ngigkeit gepr\u00e4gt ist, muss sie die Szene wieder verlassen und nur die Tochter des Pharaos wird als die Retterin von Mose in Erinnerung bleiben.<\/p>\n

Die Dienerinnen sind offensichtlich nicht die Handelnden. Sie laufen nur am Ufer des Nils entlang. Obwohl sie nicht (wie die „amah“) aktiv an der Rettung des Kindes beteiligt sind, sollte man ihre Rolle und Wichtigkeit nicht untersch\u00e4tzen. Sie begleiten die Tochter des Pharaos und geben ihr eine Art Hintergrund, Schutz und Unterst\u00fctzung, wie eine Gruppe von Freunden. Auch wenn sie unter Aufsicht leben und einen niedrigen Status haben, geh\u00f6ren sie doch an denselben Platz, zum Palast und zur herrschenden Familie. Innerhalb des Systems m\u00fcssen sie sich entscheiden, wen sie unterst\u00fctzen; den Pharao oder seine Tochter. Beide repr\u00e4sentieren die dominierende, kraftvoll herrschende Familie. Aber eine Person in diesem System, die Tochter, hat au\u00dferhalb des g\u00fcltigen Regelwerks gehandelt. Was werden sie tun?<\/p>\n

Die Dienerinnen zeigen und leben ihre Solidarit\u00e4t mit der Tochter. Sie\u00a0 hindern sie nicht daran, das Kind zu retten. Tats\u00e4chlich kann sie sich auf sie und ihre Solidarit\u00e4t verlassen. W\u00e4re es nicht ein Leichtes f\u00fcr eine der Dienerinnen gewesen, die Tat dem Pharao zu melden, um f\u00fcr sich ein besseres Leben zu erlangen? Oder sie h\u00e4tte das Kind wieder aussetzen k\u00f6nnen, um auf den Befehl des Pharaos zu bestehen? Aber nichts von dem passiert. Die Dienerinnen zeigen, dass nicht nur m\u00e4chtige Personen bestehende Strukturen verlassen und eine eigene Entscheidung treffen k\u00f6nnen. Auch die Abh\u00e4ngigen, Schwachen und offensichtlich Machtlosen innerhalb eines Systems k\u00f6nnen die Herausforderung annehmen und eigene Entscheidungen treffen. Nichts tun ist genauso eine Tat, wie aktiv zu handeln.<\/p>\n

Die Tochter des Pharaos handelt wie die Leiterin einer Gruppe von\u00a0 jungen Frauen, die ihr Leben teilen, wenn auch in einer untergeordneten Position. Sie bezieht die Dienerinnen in ihr Handeln ein. Sie nimmt sie mit. Sie l\u00e4sst sie teilnehmen an ihrer politischen und menschlichen Geste. Sie bespricht sich nicht mit ihnen, aber sie erm\u00f6glicht es ihnen, Solidarit\u00e4t mit ihr aufzubauen \u2013 Frauen, die eigentlich keine eigene Stimme haben. Aber sie wei\u00df, dass sie eine Entscheidung f\u00e4llen k\u00f6nnen.<\/p>\n

Manchmal werden Frauen, die in einer Gruppe recht still und unauff\u00e4llig sind, \u00fcbersehen und falsch beurteilt. Diese stille Solidarit\u00e4t ist wichtig und kann Entscheidungen unterst\u00fctzen, zu einer eigenen Meinung ermutigen und die Solidarit\u00e4t vergr\u00f6\u00dfern. Sie m\u00f6gen sie nicht offen aussprechen, aber sie k\u00f6nnen die Option f\u00fcr das Leben w\u00e4hlen \u2013 und ganz \u00fcberraschend handeln.<\/p>\n

\"Weltbundgebetswoche<\/a>

Weltbundgebetswoche 2014<\/p><\/div>\n

Fragen zur Reflektion<\/strong><\/p>\n