{"id":19702,"date":"2014-11-09T08:30:08","date_gmt":"2014-11-09T07:30:08","guid":{"rendered":"http:\/\/www.cvjm-blog.de\/?p=19702"},"modified":"2014-11-10T10:12:36","modified_gmt":"2014-11-10T09:12:36","slug":"weltbundgebetswoche-sonntag","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blogarchiv.cvjm.de\/2014\/11\/09\/weltbundgebetswoche-sonntag\/","title":{"rendered":"Weltbundgebetswoche: Sonntag"},"content":{"rendered":"

„Sie machten ihnen das Leben schwer durch harte Arbeit mit Lehm und Ziegeln und durch alle m\u00f6glichen Arbeiten auf den Feldern. So wurden die Israeliten zu harter Sklavenarbeit gezwungen.
\nZu den hebr\u00e4ischen Hebammen – die eine hie\u00df Schifra, die andere Pua – sagte der K\u00f6nig von \u00c4gypten: Wenn ihr den Hebr\u00e4erinnen Geburtshilfe leistet, dann achtet auf das Geschlecht! Ist es ein Knabe, so lasst ihn sterben! Ist es ein M\u00e4dchen, dann kann es am Leben bleiben.
\nDie Hebammen aber f\u00fcrchteten Gott und taten nicht, was ihnen der K\u00f6nig von \u00c4gypten gesagt hatte, sondern lie\u00dfen die Kinder am Leben.
\nDa rief der K\u00f6nig von \u00c4gypten die Hebammen zu sich und sagte zu ihnen: Warum tut ihr das und lasst die Kinder am Leben? Die Hebammen antworteten dem Pharao: Bei den hebr\u00e4ischen Frauen ist es nicht wie bei den \u00c4gypterinnen, sondern wie bei den Tieren: Wenn die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie schon geboren.
\nGott verhalf den Hebammen zu Gl\u00fcck; das Volk aber vermehrte sich weiter und wurde sehr stark. Weil die Hebammen Gott f\u00fcrchteten, schenkte er ihnen Kindersegen.“<\/p>\n

(2. Mose 1, 14-21)<\/p>\n

\"Weltbundgebetswoche<\/a>

Weltbundgebetswoche 2014<\/p><\/div>\n

Schifra und Pua: Vereint im Widerstand<\/strong><\/p>\n

Die ersten, die dem Pharao Widerstand leisten und sich provokativ f\u00fcr das Leben einsetzen, sind die beiden Hebammen Schifra und Pua. Ihr Beruf stellt sie ganz wortw\u00f6rtlich an den Anfang des Lebens, an die allerersten Minuten der Geburt. Als Hebammen arbeiten sie f\u00fcr den Schutz der M\u00fctter und ihrer Kinder, sie f\u00f6rdern das Leben und bek\u00e4mpfen den Tod. Ausgerechnet sie erhalten den Befehl, alle m\u00e4nnlichen Neugeborenen der Hebr\u00e4er zu t\u00f6ten weil „die \u00c4gypter das Volk der Israeliten f\u00fcrchteten“.<\/p>\n

Aus Sicht der Israelis, wie auch aus jeglicher Sicht, die die\u00a0 Menschenrechte anerkennt, ist dieser Befehl unmenschlich und falsch. Aus Sicht des Pharaos macht der Befehl jedoch Sinn, denn er bef\u00fcrchtet, dass sein Volk von den Hebr\u00e4ern \u00fcberv\u00f6lkert wird. Wenn man sich die Argumente des Pharaos anh\u00f6rt, fallen einem aktuelle politische Vorg\u00e4nge ein. Wie oft werden Menschen als Bedrohung des eigenen Volkes angesehen, selbst wenn sie nur in relativ kleiner Anzahl auftreten! In den ersten f\u00fcnf Monaten dieses Jahres sind sch\u00e4tzungsweise 500 Fl\u00fcchtlinge im Mittelmeer ertrunken, weil Europa sich vor ihrer Einreise f\u00fcrchtete.<\/p>\n

Auch in anderen Regionen wird von zu vielen Fl\u00fcchtlingen geredet, genau wie es der Pharao bei den Hebr\u00e4ern empfindet. Menschen mit einem anderen Glauben werden besonders argw\u00f6hnisch betrachtet und als Gefahr f\u00fcr den eigenen Glauben und die eigene Gemeinschaft angesehen. Solche Argumente k\u00f6nnen leicht \u00fcberzeugen, aber es ist nicht so leicht, diese zu hinterfragen und zu durchschauen. Einer t\u00f6dlichen Macht zu widerstehen, erfordert die F\u00e4higkeit, die Situation zu analysieren und sowohl die Gesetze als auch die Gesetzgeber zu pr\u00fcfen. Welcher Art sind die Regeln hinter der Macht? Was ist die Grundlage der Gesetze und welches sind die Werte, die durch die Gesetze gesch\u00fctzt und umgesetzt werden? Es ist unbedingt notwendig, politisch informiert zu sein.<\/p>\n

Die Hebammen entschieden sich zum Widerstand. Sie erkannten die t\u00f6dliche Macht und entschieden sich f\u00fcr die Kraft des Lebens und der Befreiung. Sie verweigerten sich dem Befehl des Pharaos, die m\u00e4nnlichen Neugeborenen der Hebr\u00e4er zu t\u00f6ten. Sie glaubten an den Gott, der Leben schafft! Ihre Entscheidung war mutig und stark. Der Widerstand im Angesicht einer t\u00f6dlichen Macht und lebensverachtender Gesetze brachte sie selbst in Gefahr und sie h\u00e4tten sehr leicht f\u00fcr ihre Nichtbeachtung dieser Gesetze verantwortlich gemacht werden k\u00f6nnen. Aber sie handelten strikt nach ihrem Gewissen. Inmitten von gewaltt\u00e4tigen Strukturen verhielten sie sich schlau und berechnend. Sie gehorchten nicht der weltlichen Macht, sondern sie gehorchten Gott und ihrem Gewissen.<\/p>\n

Aber wie kommt man gegen einen solch m\u00e4chtigen Herrscher an? Ihre Art zu Handeln ist die eines Schwindlers. Die List ist die Waffe der „Untergebenen“, derer, die keine Macht haben und unter st\u00e4ndiger Bedrohung leben. Sie benutzen eine L\u00fcge, indem sie die Vorurteile des Pharaos \u00fcber die Hebr\u00e4er bewusst bedienen. Sie\u00a0 spielen mit der erfundenen Unterscheidung zwischen „uns“ und „ihnen“. „Bei den hebr\u00e4ischen Frauen ist es nicht wie bei den \u00c4gypterinnen \u2026“. Betrachtet man diese Argumentation von der Warte der Hebr\u00e4er aus, muss man lachen: Was f\u00fcr eine List! Und die \u00c4gypter glauben es. Wie erstaunlich!<\/p>\n

Aber wenn wir uns heutige Gesellschaften ansehen, bemerken wir schnell, dass Ausgrenzung genau auf diese Art und Weise funktioniert. Es gibt einen Unterschied zwischen „uns“ und „ihnen“. Diesen Unterschied mag es in der Realit\u00e4t gar nicht geben, aber er existiert in der Sicht der anderen. Dieser k\u00fcnstliche Unterschied untergr\u00e4bt die Menschlichkeit und ist die Grundlage f\u00fcr eine unterschiedliche Behandlung der Menschen. Die Hebammen \u00fcbernehmen diese Denkweise, aber nutzen sie um Leben zu retten.<\/p>\n

R\u00fcckblickend tun sie das, was sp\u00e4ter durch die Befreiungstheologie erst entwickelt wurde.\u00a0 Sie sahen die Not, sie beurteilten den Machthaber und sie handelten. Ihr Ungehorsam gegen\u00fcber einer t\u00f6dlichen Macht war der erste Schritt zum Auszug aus \u00c4gypten. Jedoch verlie\u00df sich der Pharao nun nur noch auf seine eigenen Leute: Das ganze Volk erhielt den Befehl, alle m\u00e4nnlichen Neugeborenen zu t\u00f6ten.<\/p>\n

\"Weltbundgebetswoche<\/a>

Weltbundgebetswoche 2014<\/p><\/div>\n

Fragen zur Reflektion<\/strong><\/p>\n