Friedensarbeit im europäischen CVJM
Mit dem Programm „Roots for Reconciliation“ (RfR, deutsch: Wurzeln für Versöhnung) führt unser europäischer Dachverband YMCA Europe seit vielen Jahren erfolgreich ein Versöhnungs- und Friedensprogramm durch.
Das Programm wird von Brot für die Welt gefördert. Auch der deutsche CVJM unterstützt die aktuelle Programmphase über Aktion Hoffnungszeichen und hat mit einem Projektantrag bei der Evangelischen Kirche von Westfalen zusätzliche Mittel für RfR akquirieren können.
Für die aktuelle Programmphase läuft noch bis zum 15. Januar ein sogenannter „Call for Participants“.
Junge Menschen aus ganz Europa sind damit aufgerufen, sich für die aktuelle Programmphase zu bewerben. Für den deutschen CVJM sind zwei Plätze „vorreserviert“. Wir bitten euch deshalb, junge Menschen, die sich in der Friedens- und Versöhnungsarbeit engagieren wollen, auf die Ausschreibung hinzuweisen bzw. euch selbst zu bewerben.
Das Programm beinhaltet verschiedene Trainingseinheiten in den Jahren 2017 bis 2019. Die Programmkosten liegen bei 1.500 Euro pro Person (inkl. aller Reisekosten).
Wir würden uns freuen, wenn junge Menschen aus dem deutschen CVJM sich aktiv für Frieden und Versöhnung einsetzen und dieses Angebot des YMCA Europe dafür nutzen.
Weitere Informationen zu RfR findet ihr u. a. hier und hier.
Aktion Hoffnungszeichen unterstützt Roots for Reconciliation
Unter dem Motto „Sei eine Stimme, nicht nur ein Echo“ wirbt der YMCA Europe für RfR, das darauf abzielt, junge Menschen zu einer friedvollen Umwandlung von gewaltreichen Konflikten in Europa zu befähigen.
Im Interview berichtet Vardan Hambardzumyan vom YMCA Europe über RfR.
Lieber Vardan, wie hat sich RfR über die Jahre entwickelt?
Wir sind jetzt im zehnten Jahr des Projektes Roots for Reconciliation. Es ist ganz klar eines der Programme geworden, das den europäischen CVJM kennzeichnet. Begonnen hat es mit einer Initiative im Kaukasus. Inzwischen hat es sich zu einem umfassenden europäischen Programm für die Stärkung junger Menschen entwickelt.
Auf welche Schwierigkeiten seid ihr gestoßen? Welche Herausforderungen erwartest du noch?
Friedensarbeit ist immer mit Herausforderungen verbunden. Sie ist in höchstem Maße abhängig von politischen, wirtschaftlichen, sozialen, technologischen, umweltbedingten, rechtlichen und auch emotionalen Bedingungen, unter denen sie durchgeführt wird. Diese Bedingungen sind in der heutigen Welt einem sehr schnellen Wandel unterworfen. Daher folgen wir bei RfR dieser Formel: Das Erlernte sollte größer sein als der Wandel.
Das Projekt RfR brachte – als Reaktion auf den Krieg im Jahr 2008 – eine der ersten Initiativen von Nichtregierungsorganisationen für den Georgisch-Russischen Friedensdialog hervor, ganz ähnlich wie den Russisch-Ukrainischen Dialog als Reaktion auf die Ukrainekrise von 2014.
Das Projekt RfR ist eine ständige Reise durch neu entstandene Konflikte geworden: Das verlangt schnelle Planänderungen, kritisches Denken und kreative Lösungen.
Warum ist RfR im europäischen Kontext so wichtig?
Albert Einstein sagte: „Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben – nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.“
Leider ist das heutige Europa tatsächlich ein gefährlicher Ort geworden. Die Massenmedien sind voll schlimmer Nachrichten. Die Handlungsoptionen in der Friedensarbeit sind unterschiedlich: beginnend mit erzwungenen militärischen Maßnahmen bis hin zur Erziehung zu einer Kultur des Friedens. Jede Option braucht andere Akteure. Bei der Theorie des Wandels von RfR geht es darum, was wir dafür tun, damit die Hoffnung auf Frieden bei den nachfolgenden Generationen lebendig bleibt.
Seit seiner Entstehung im 19. Jahrhundert agiert der CVJM innerhalb von und mit Konflikten. Das Projekt RfR ist eine Reaktion darauf, und dieses Vermächtnis verpflichtet uns, den CVJM zu einem kompetenten Akteur der Friedensbewegung zu formen.
Ist es einfach gewesen, Teilnehmende für das Projekt zu finden?
Wir hatten keine Probleme gute Teilnehmende zu finden – kritisch denkende junge Erwachsene mit einem starken Gefühl für soziale Verantwortung. Die meisten von ihnen qualifizieren sich gern weiter, um gute Multiplikatoren für die Umwandlung von Konflikten zu werden.
Die Probleme ergeben sich eher auf der Organisationsebene – viele CVJM in Europa denken zu wenig strategisch bei der Fortbildung ihres Führungspersonals: Sie sollten die jungen Leute nicht nur stärken und aufbauen, sondern dies auch in einen sozialen Zusammenhang einbetten.
Sind Jugendliche seit der Ukrainekrise stärker für friedensschaffende Aktivitäten sensibilisiert? Welche Auswirkungen hatte die Ukrainekrise auf RfR?
Meiner Meinung nach markierten die Ereignisse in der Ukraine unglücklicherweise den Beginn einer Identitätskrise des gegenwärtigen Europas. Diese Krise hat direkte Auswirkungen auf die Entwicklung und Lebenschancen junger Menschen in ganz Europa. Dadurch sind sie zu eher pragmatischen Friedensaktivisten geworden.
Die Rolle und die Chance des CVJM ist es, sie mehr für positive Werte und Aktivitäten zu öffnen.
Vielen Dank, Vardan!
Interview und Übersetzung aus dem Englischen: Gabriele Dumeier, Assistenz Aktion Hoffnungszeichen