„Das beste Jahr meines Lebens“: Freiwilligendienste in Hongkong und China

 

Die Freiwilligen-WG lädt uns zum Abendessen ein: Miguel, Kiwi, Paul, Sebastian, Christian, Irina (v.l.n.r.) absolvieren gerade Hongkong und China ihren Freiwilligendienst und lernen den YMCA mal von einer ganz anderen Seite kennen

Die Freiwilligen-WG lädt uns zum Abendessen ein: Miguel, Kiwi, Paul, Sebastian, Christian, Irina (v.l.n.r.) absolvieren gerade Hongkong und China ihren Freiwilligendienst und lernen den YMCA mal von einer ganz anderen Seite kennen

„Das ist das beste Jahr meines Lebens“, sagt Sebastian, als ich mit ihm und den anderen Freiwilligen kurz nach meiner Ankunft in Hongkong beim Abendessen zusammen sitze. Er ist seit September 2014 gemeinsam mit Paul und Christian im Chinese YMCA of Hongkong aktiv. Seit Sonntagabend sind die drei mit Michael Götz, leitender Sekretär CVJM-Nürnberg, beim Zwischenseminar im Rahmen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) im Wu Kwai Sha Youth Village des Chinese YMCA of Hongkong zusammen, um die bisherigen Erfahrungen gemeinsam auszuwerten und nach vorne zu schauen.

Freiwillig gekocht! Lecker!

Freiwillig gekocht! Lecker!

Mit dabei war auch Miguel, der sich während seines IJFD-Einsatzes in Hongkong letztes Jahr in China verliebt hat und prompt noch ein Jahr als weltwärts-Freiwilliger im YMCA Guangzhou angehängt hat. Und mit dabei ist auch Irina, die an der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg Soziale Arbeit studiert und im Rahmen eines Praxissemesters zur Zeit im Chinese YMCA of Hongkong mitarbeitet. Auf dem Weg von Wu Kwai Sha nach Kowloon habe ich mich mit Irina unterhalten:

Tabea: Irina, seit wann bist du hier und warum hast du dich für ein Praxissemester in Hongkong entschieden?

Irina: Ich bin seit Mitte September hier und absolviere mein Praxissemester im Rahmen meines Studiums der Sozialen Arbeit in Nürnberg hier in Hongkong. Über den CVJM Nürnberg-Kornmarkt, der eine Partnerschaft mit dem Chinese YMCA of Hongkong hat, habe ich von der Möglichkeit, hierher zu kommen, erfahren. Als mir die CVJMer in Nürnberg von der Partnerschaft mit Hongkong erzählt haben, hat mich die Idee nicht mehr losgelassen. Hongkong hat mich von Anfang an fasziniert!

Tabea: Was machst du hier genau?

Ich bin in einem YMCA-Zentrum für 5 bis 25-Jährige und biete dort gemeinsam mit dem Staff vor Ort eine Ganztragsbetreuung an. Dazu gehört eine Hausaufgabenbetreuung an den Nachmittagen genauso wie die kreative Arbeit mit Gruppen, wie zum Beispiel Tanzunterricht. De facto wird das Zentrum nachmittags nur von kleinen Kindern besucht, abends kommen aber auch Jugendliche und junge Erwachsene in den YMCA, um die verschiedenen Angebote wahrzunehmen. Leider sprechen die Kinder kein oder kaum Englisch, weshalb ich oftmals aktiv gar nicht so viel machen und einbringen kann. Das ist etwas schade. Es gibt aber einige Dinge, die ich auch ohne Sprachkenntnisse gut umsetzen kann. Zum Beispiel trifft sich jede Woche einmal abends eine Tanzgruppe. Ich habe da dann einfach mitgetanzt und dadurch den Kontakt zu den Jugendlichen bekommen. Dabei habe ich nach und nach ein gutes Gespür dafür bekommen, was sie gerade bewegt und beschäftigt. Viele von ihnen sind auf dem Sprung in eine neue Lebensphase – zum Beispiel von der Schule hin zur Uni. Wenn die Tanzlehrerin keine Zeit hatte, habe ich mit den Jugendlichen über ihre Lebenssituation gesprochen. Das hatte dann schon fast etwas von „Counselling“. Der Dienstag war deshalb immer mein liebster Tag.

Tabea: Was beschäftigt die Jugendlichen hier?

Irina: Die Jugendlichen hier haben einen unheimlichen Druck, den Vorstellungen ihrer Eltern gerecht zu werden. Sie denken: ich muss lernen, mich weiterbilden, die besten Noten haben, den besten Job machen usw. – sonst zähle ich nichts. Außerdem haben sie ganz wenig freie Zeit. Sie kommen abends meistens erst spät nach Hause und müssen trotzdem ständig „schneller, höher, weiter“ kommen. Sie selbst empfinden es oft aber gar nicht so extrem als Stress, weil das hier normal ist.

Tabea: Was war Dein persönliches Highlight während deiner Zeit in Hongkong und China?

Irina: Ich habe mit einem Freund eine Reise durch China gemacht – 12 Tage mit dem Zug von Peking über Shanghai nach Guilin und Hongkong. Wir haben dabei versucht, nicht nur die Sehenswürdigkeiten zu besuchen, sondern etwas vom „wirklichen Leben“ in China mitzubekommen. Durch „Couchsurfing“ sind wir so richtig in die Kultur eingetaucht und haben dabei auch den Unterschied zwischen Mainland China und Hongkong zum ersten Mal so richtig wahrgenommen. Das fängt bei der Sprache an. Ich habe aber auch gemerkt, dass das westliche Denken in Mainland China nicht so verbreitet ist wie in Hongkong. Hongkong ist einfach viel offener oder vielleicht auch einfach europäischer geprägt.

Tabea: Gab es auch schwierige Situationen für dich?

Irina: Schwierig war für mich, dass ich mir die Arbeit hier etwas anders vorgestellt hatte. Da die Kinder kein Englisch sprechen, konnte ich nicht so viel machen, wie ich gerne wollte.

Tabea: Was nimmst du mit zurück nach Deutschland – auch vor dem Hintergrund deines Studiums?

Irina: Es war eine sehr gute und wichtige Erfahrung für mich, auch selbst mal die Ausländerin zu sein. Jetzt kann ich mich viel besser hineinversetzen in jemanden, der die Sprache in einem Land nicht spricht. Und ich weiß wie es ist, fremd zu sein. Ich glaube, dass ich durch diese Erfahrung in Zukunft anders mit „Fremden“ in Deutschland umgehen werde.

Tabea: Liebe Irina, vielen Dank für das Gespräch!

Das Kwu Wai Sha Youth Village des Chinese YMCA of Hongkong liegt direkt am Meer. 2010 fand hier die Weltratstagung statt - heute ist das Camp die Heimat von 3 Freiwilligen aus Deutschland.

Das Wu Kwai Sha Youth Village des Chinese YMCA of Hongkong liegt direkt am Meer. 2010 fand hier die Weltratstagung statt – heute ist das Camp die Heimat von 3 Freiwilligen aus Deutschland.

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