Gottes Wachstumsgeheimnis

Impuls zum Wochen­spruch:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.

(Johannes 12, 24)

Auf den ersten Blick scheint es widersprüchlich: Wie kann Leben aus Sterben hervorgehen? Wie kann aus etwas Totem etwas Lebendiges entstehen? Auf den zweiten Blick erscheint es logisch: Ja, so ist das in der Natur: die Frucht muss sich selbst auflösen. Und erst dann, nach einer Zeit, in der scheinbar gar nichts geschieht, sprosst ein neues Pflänzlein hervor. Das geschieht jedes Mal, wenn wir säen. Jedes Mal, wenn wir eine Ernte erwarten.

Dass dabei ein Verzicht mit im Spiel ist, ist auch schnell einsichtig. Denn die Saatkörner, die neu ausgesät werden sollen, können wir nicht selbst verbrauchen. Wir können es nicht mahlen und Brot daraus backen, oder zu einer Getreidesuppe einweichen und verkochen.

Und hier, an dieser Stelle, ist die Brücke zwischen dem natürlichen, allen bekannten, alltäglichen oder alljährlichen Vorgang des Aufbewahrens, Aussäens, Wachsens und Erntens auf der einen, und den Gesetzmäßigkeiten im Reich Gottes auf der anderen Seite. Jesus nimmt das allseits bekannte, ja alltägliche Geschehen, und führt es weiter. Er will ein Gesetz des Reiches Gottes, nein, besser gesagt, ein Geheimnis des Reiches Gottes, deutlich machen.

Bei aller Gleichheit des Wachstums in der Natur und in der geistlichen Wirklichkeit gibt es einen großen Unterschied. Denn: Das Weizenkorn kann nicht frei entscheiden, ob es ausgesät und den Zersetzungskräften der Erde ausgesetzt wird. Doch wir können selbstbestimmt und frei entscheiden, ob wir uns in diesen Prozess hineingeben.

Jesus spricht in der Bildrede vom Weizenkorn ja zunächst über sich selbst, und erst in zweiter Reihe über seine Nachfolger. Auch bei ihm war es so: Er selbst entschied sich dafür, sein Leben hinzugeben. Sein Tod am Kreuz war freiwillig. Es war ein von ihm bewusst gewähltes Opfer. Er ging in dem Wissen nach Jerusalem, dass er dort leiden und sterben würde. Was seine Feinde nicht wussten, war das tiefe Geheimnis: Dass Gottes Reich gerade dadurch anbricht, dass einer auf Macht und Selbstbehauptung verzichtet. Dass wirklich im Sterben der Same des Lebens verborgen ist.

Das galt für Jesus selbst. Das gilt auch für die vielen, die ihr Leben hingegeben haben, für diese Welt und letztlich für Christus. Das gilt auch für die unzähligen verfolgten und getöteten Christen unserer Zeit. „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche.“ Mit diesem Satz fing der Tertullian dieses tiefe Geheimnis des Reiches Gottes ein. Jesus hat es uns vorgemacht. Sein Tod hat unendlich viel Frucht gebraucht. Hoffnung, Vergebung, Leben, Liebe. Friede mit Gott für eine friedlose Welt.

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