Haben Sie auch alle Ihre Steuern bezahlt?

„Haben Sie auch alle Ihre Steuern bezahlt?“ Mit dieser Frage begrüßte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble 23 Freiwillige und Hauptamtliche aus dem CVJM am Mittwoch im Bundesfinanzministerium. Es folgte eine kurzweilige Stunde, in der der Minister, nicht nur mit viel Sachverstand, sondern auch mit vielen humorvollen Anekdoten die Fragen seiner Gäste beantwortete.

CVJMer/innen beim Politiker Gespräch: „Es ist gut, dass wir die EU haben.“

Es ist gut, dass wir die EU haben.

Ein klares Bekenntnis des Bundesfinanzministers zur Europäischen Union stand am Beginn des Gespräches. In einer globalisierten Welt sei es nicht mehr möglich, als einzelnes Land allein zu bestehen. Deshalb sei sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Einigung Europas sehr wichtig. Die Europäische Union sei die größte Wirtschaftsregion der Welt.

Europäische Finanzkrise

Dr. Schäuble betonte, dass in der Vergangenheit viele EU-Länder die Stabilitätskriterien verletzt hätten, auch Deutschland. Es bestünde von daher kein Grund zur Überheblichkeit. Für die demonstrierenden Griechen zeigte er Verständnis. Es gäbe aber für ein Land, das lange über seine Verhältnisse gelebt habe, keine Lösung ohne schmerzliche Einschnitte. Beim jetzt beschlossenen Fiskalpakt seien erstmals Sanktionen für Länder vorgesehen, die ihre Haushalte nicht in Ordnung brächten. Aktuell sei Ungarn davon betroffen. Dem Land würden EU-Gelder nicht ausgezahlt, wenn es nicht seine Nettoneuverschuldung senke. Der Bundesfinanzminister lobte die neue italienische Regierung. Deren Politik habe dazu geführt, dass Italien jetzt drei Prozent weniger Zinsen für seine Staatsanleihen zahlen müsse als noch im Herbst, was eine erhebliche Entlastung des italienischen Staatshaushaltes bedeute.

Europäisches Jugendprogramm

Doris Klingenhagen, Referentin für europäische Jugendpolitik bei der aej, sprach sich für ein eigenständiges Jugendkapitel im ab 2014 geplanten Europäischen Bildungsprogramm „ERASMUS für alle“ und dessen angemessene Finanzausstattung aus. Gerade durch europäische Jugendbegegnungen könne man junge Menschen für Europa noch einmal anders begeistern als mit Maßnahmen der formalen Bildung.

Bundesfreiwilligendienst

Diskutiert wurde auch der holprige Start des Bundesfreiwilligendienstes. Dr. Schäuble verwies auf den großen gesellschaftlichen Konsens, dass die Wehrpflicht nicht mehr zeitgemäß gewesen sei. Wenn man sich zu einer solch gravierenden Änderung wie der Aussetzung der Wehrpflicht entschließe, müsse man das schnell tun und könne nicht zehn Jahre darüber diskutieren. Da inzwischen viele soziale Einrichtungen die Zivildienstleistenden fest eingeplant hätten, habe man deshalb auch kurzfristig eine Lösung für den nachfolgenden Bundesfreiwilligendienst finden müssen. Das habe zu den Anlaufschwierigkeiten geführt.

(Finanz)politik muss nicht trocken sein: Mit großem Sachverstand und viel Humor diskutiert der Bundesfinanzminister mit den Teilnehmenden aktuelle (finanz)politische Fragen und löst dabei häufig Schmunzeln bei seinen Zuhörern aus.

Mehr Entwicklungshilfe statt Geld für Banken

Ein Teilnehmer erinnerte an die Millenniumsziele. Während Deutschland viel Geld für die Rettung der Banken aufwende, sei für die Entwicklungshilfe zu wenig Geld da. Der Bundesfinanzminister räumte ein, dass  Deutschland bei der Entwicklungshilfe Nachholbedarf habe. Von den angestrebten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sei man noch weit entfernt. Allerdings könne man überhaupt nur Entwicklungshilfe zahlen wenn die Wirtschaft funktioniere. Da sei wiederum  nur möglich wenn die Banken funktionierten. So habe es bei der Bankenkrise 2008 einen Auftragseinbruch von 80 Prozent gegeben.  Bei der Entwicklungshilfe gäbe es außerdem das Problem, dass es häufig an den Partnern vor Ort fehle. So lande leider ein Teil der Entwicklungshilfe auf Schweizer Banken.  Auch Lebensmittelhilfen seien häufig kontraproduktiv. Wichtig sei Hilfe zur Selbsthilfe, wie Kleinkredite. Dafür brauche es aber Strukturen vor Ort.

Politik heißt das Zusammenleben der Menschen zu gestalten.

Es gäbe eine Menge Leute, die seien der Meinung, es würde ihnen gut gehen, wenn sie nur der Staat in Ruhe ließe, so Dr. Schäuble. Dabei würden sie vergessen, dass sie ohne den Staat schon nicht auf die Welt gekommen seien. Ohne Staat gäbe es weder ein funktionierendes Gesundheits- und Sozialsystem, noch ein funktionierendes Bildungssystem, noch die nötige Verkehrsinfrastruktur. Solange man etwas habe, nehme man es als selbstverständlich hin. Bundesfinanzminister Dr. Schäuble ermutigte seine Gäste zu politischer Mitgestaltung. Politik sei nichts anderes als das Zusammenleben der Menschen zu gestalten. Nichts anderes würde ja auch der CVJM mit seiner Arbeit tun.

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