{"id":16113,"date":"2014-03-12T18:30:18","date_gmt":"2014-03-12T17:30:18","guid":{"rendered":"http:\/\/www.cvjm-blog.de\/?p=16113"},"modified":"2014-03-13T11:42:09","modified_gmt":"2014-03-13T10:42:09","slug":"medienkompetenz-und-jugendschutz","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blogarchiv.cvjm.de\/2014\/03\/12\/medienkompetenz-und-jugendschutz\/","title":{"rendered":"Medienkompetenz und Jugendschutz"},"content":{"rendered":"
FSK stellt neue Studie zur Wirkung von Kinofilmen auf die Entwicklungsphasen von Kindern und Jugendlichen vor.<\/p>\n
\u00dcber die Studie \u201eMedienkompetenz und Jugendschutz\u201c.<\/p><\/div>\n
Die gro\u00dfe Lust von Jugendlichen und Kindern an dem Anschauen von Filmen h\u00e4lt an. Nach Angaben der Spitzenorganisation der Film- und Videowirtschaft wurden 2012 etwa 25 Millionen Kinokarten an 10 – 19-J\u00e4hrige verkauft. Der private Austausch \u00fcber Filme auf dem Schulhof und im Freundeskreis schreibt die gesehenen Geschichten fort. Merchandising-Produkte tragen sie hinein in die kindlichen und jugendlichen Spielwelten.<\/p>\n
Jugendsch\u00fctzer und P\u00e4dagogen sorgen sich, dass die Freizeitgestaltung zunehmend von der Besch\u00e4ftigung mit Gewaltdarstellungen bestimmt und Entwicklungsprozesse wie Identit\u00e4ts- und Geschlechtsrollenbildung von medialen Bildern \u00fcberlagert werden.<\/p>\n
Mit der Studie \u201eMedienkompetenz und Jugendschutz\u201c unterst\u00fctzte die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) nun zum vierten Mal eine wissenschaftliche Studie, in der 517 Sch\u00fcler zur Wirkung von Kinofilmen befragt wurden. Analysiert wurden die Filme \u201eDie Tribute von Panem \u2013 The Hunger Games\u201c, \u201eKriegerin\u201c, \u201eDirty Girl\u201c und \u201eChronicle \u2013 Wozu bist Du f\u00e4hig?\u201c Schwerpunkt der Aufmerksamkeit waren diesmal Fragen von \u201eK\u00f6rper, Geschlecht und sozialer Identit\u00e4t\u201c.<\/p>\n
Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. J\u00fcrgen Grimm und Stefan Linz, Sprecher der Film- und Videowirtschaft bei der FSK<\/p><\/div>\n
Die vom Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. J\u00fcrgen Grimm (Wien) durchgef\u00fchrte Studie wurde am 10. M\u00e4rz 2014 in Wiesbaden von Irene Alt, Kinder- und Jugendministerin des Landes Rheinland-Pfalz, Birgit Goehlnich, St\u00e4ndiger Vertreterin der Obersten Landesjugendbeh\u00f6rden bei der FSK, Johannes Klingsporn, Jugendschutzbeauftragter der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und Stefan Linz, Sprecher der Film- und Videowirtschaft bei der FSK sowie den Sch\u00fclern Hedwig Deckers und Paul Pehoviak \u00a0und deren Lehrer, stellvertretend f\u00fcr die\u00a0 teilnehmenden Schulen, pr\u00e4sentiert.<\/p>\n
Jugendliche Lebenswelten sind, mit all ihren immanenten Spannungen, Hoffnungen und \u00c4ngsten, immer auch<\/i> Bilderwelten, in denen nach individuellem Sinn und Verortung gesucht wird, um die sensible Jugendphase mit multiplen Orientierungen anzureichern. Die \u201eSuchbewegungen\u201c von Kindern und Jugendlichen nach Ber\u00fccksichtigung ihrer Br\u00fcchigkeits-Erwartungen, Absch\u00e4tzung von Lebenschancen, und Grenzerfahrungen der Subjektwerdung vollziehen sich in einer von massenmedialen Symbolen beherrschten Lebenswelt.<\/p>\n
Jugendliche seien in der Lage sich kritisch mit filmischen Inhalten und Charakteren auseinanderzusetzen und erf\u00fchren durch die Rezeption von Filmen eine Rollenerweiterung, erkl\u00e4rt J\u00fcrgen Grimm. \u201eEs gibt immer positive Wirkungen von Filmen, sonst w\u00fcrden Kinder das nicht anschauen.\u201c<\/p>\n
Medial vermittelte Kulturen<\/i> (\u201eMedienkulturen\u201c) sind als Bezugssysteme und Unterhaltungsformen Manifestationen unterschwelliger Hoffnungen und Sehns\u00fcchte, denen die Menschen durch den feststellbaren und z\u00e4hlbaren<\/i> Konsum von Medien Ausdruck geben. Mittels rezeptionstheoretischer Modelle k\u00f6nnen Wirkung und Auswirkungen von Filmen und ihren Inhalten dargelegt werden.<\/p>\n
Die FSK habe auch durch diese Studie ihre Entscheidungen f\u00fcr Jugendliche hinsichtlich der Altersfreigaben von Filmen transparent gemacht und gleichzeitig lie\u00dfe sie deren Einsch\u00e4tzungen in ihre Arbeit einflie\u00dfen, erl\u00e4utert Christiane von Wahlert. Die nun vorliegenden Erkenntnisse w\u00fcrden bereits in der aktuellen Pr\u00fcfarbeit ber\u00fccksichtigt. Dadurch w\u00fcrden Jugendliche und Kinder als \u201eExperten in eigener Sache\u201c wahrgenommen und nicht blo\u00df als \u201eAdressaten\u201c.<\/p>\n
Auch wenn zumindest die mediale Diskussion sich vornehmlich um Gewaltph\u00e4nomene dreht, kann moderne Medienwirkungsforschung nicht ohne die Frage nach nicht nur negativen, sondern auch positiven Reaktionen auf die gezeigten und erlebten Inhalte verbleiben.<\/p>\n
So konnte durch die Studie, laut J\u00fcrgen Grimm, das jugendliche Interesse an Orientierung in Alltags- und Identit\u00e4tsbildungsprozessen als einem wichtigen Faktor f\u00fcr die\u00a0 \u201eZuwendungsattraktivit\u00e4t\u201c von Filmen herausgearbeitet werden. Diese helfe sowohl bei der Losl\u00f6sung vom Elternhaus, bei politischen Themen und auch Geschlechterrollenauspr\u00e4gungen.<\/p>\n
Filme d\u00fcrften, wie \u00fcbrigens auch Videospielinhalte, in ihrer Summe das Repertoire individuell akzeptierter Handlungsoptionen durchaus anreichern. Eine gro\u00dfe Zahl von Studien hat diese Analogie schon fr\u00fcher aufscheinen lassen. Die \u00e4u\u00dfere Rhetorik<\/i> eines Films wirkt so auf die Handlungsbereitschaft und \u2013akzeptanz von Zuschauern zur\u00fcck, wenngleich die innere Rhetorik<\/i> auf der Handlungsebene stets in der f\u00fcr den Moment der Betrachtung erzeugten Realit\u00e4t verbleibt.<\/p>\n
Der immer weiter gesteigerte Realismus von Ton und (tricktechnisch animierter) Bildebene schafft neue Formen visuellen Realismus\u2019, der durch stets verbesserte 3D-Projektionsverfahren noch erh\u00f6ht wird.<\/p>\n
Es konnten in der vorgelegten Studie Ver\u00e4nderungsprozesse durch die Medienwirkung nach und vor der Rezeption des Filmes beobachtet werden, wie zum Beispiel eine \u201eFlexibilisierung von Geschlechtsrollenidentit\u00e4t\u201c, so J\u00fcrgen Grimm. \u201eKurzfristige Ver\u00e4nderungen verwandeln sich in Langfristige.\u201c, ist sich der Experte sicher.<\/p>\n
Die wichtige Frage, inwiefern Filme im Verbund mit anderen Medienangeboten die Entwicklungsphasen von Kindern und Jugendlichen determinieren, beeinflussen oder gar pr\u00e4gen bleibt ein wichtiges Thema sowohl f\u00fcr die wissenschaftlichen wie auch praktischen Arbeitsfelder mit und f\u00fcr Jugendliche.<\/p>\n
Johannes Klingsporn, der Jugendschutzbeauftragte der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), betont insbesondere, dass die Frage nach der Medienwirkung von Einzelmedien oder Genres eine der Vergangenheit sei. Heute m\u00fcssten medienp\u00e4dagogisch vermittelt grunds\u00e4tzliche Kritikf\u00e4higkeit und Analysekompetenzen im Vordergrund stehen, da etwa \u00fcber das Internet viele Medien zu beziehen w\u00e4ren, die keiner Jugendschutzpr\u00fcfung unterzogen worden w\u00e4ren und die zudem in einer unkontrollierbaren Intensit\u00e4t konsumiert w\u00fcrden.<\/p>\n
Besonders auf die Medienkompetenzvermittlung als generationen\u00fcbergreifende Aufgabe unter Einbeziehung von Eltern und Bezugspersonen, aber auch von Jugend-, Gemeinde- und Sozialarbeitern ist zu verweisen. Ihnen kommt eine gro\u00dfe Bedeutung zu als erste Ansprechpartner, als Fr\u00fchwarnsysteme vor medial induzierten Oberfl\u00e4chenph\u00e4nomenen (Mediensucht, -missbrauch, -gewaltverherrlichung etc. und ebenso als Multiplikatoren im sozialen Raum.<\/p>\n
Niederschwellige Medienkompetenz bedarf der Fachkompetenz von Menschen wie auch aufmerksamer Strukturen in Schulen, Familien-, Gemeinde- und Stadtteilzentren, die nicht zuletzt kulturell und interkulturell wirken m\u00fcssen und der Vernetzung mit bestehenden Angeboten auf lokaler und \u00fcberregionaler Ebene (Stadtb\u00fcchereien, Volkshochschulen, Landesbildstellen).<\/p>\n
Die gesamte Studie und komplement\u00e4res Begleitmaterial findet sich unter www.medienkompetenz-jugendschutz.de<\/a>.<\/p>\n